Ein ungewöhnlicher Titel für einen Malworkshop, das gebe ich zu und versuche es besser gleich zu erklären.

Also, eine kleine Ansammlung von Dingen, alltäglichen oder nicht ganz alltäglichen, die man sich vorgenommen hat zu malen (sei es zum Zweck des Studiums oder aus reiner Freude am Tun oder beidem, wie in unserem Workshop), nun, diese Dinge kann man vor sich auf dem Tisch sorgfältig zu einem hübschen Stillleben arrangieren und sich dann bemühen, dieses in diversen Stilrichtungen aufs Papier zu übertragen. Das wäre die gewohnte Vorgehensweise.

Man kann aber auch versuchen, diesen Dingen etwas anders nachzuspüren, fragt vielleicht nach der Bedeutung, die man ihnen persönlich zumisst. Dann lässt man sich am Besten von den entstehenden Bildern führen und tragen wie auf einer Reise ins Unbekannte! Auf diese Weise wollten wir in unserem Workshop experimentieren und nie hätte ich geahnt, dass so spannende und reiche Bildfolgen daraus entstehen würden.

Es waren nicht nur alltägliche Dinge, die ich aus meiner Lade gekramt und vor den Teilnehmerinnen ausgebreitet hatte. Schals und Körbe, frische Trauben, Bücher, ein Opernglas, Stoffbeutel, Fächer usw. Zu Beginn wurde alles eher skeptisch betrachtet und man suchte brummelnd nach einem Objekt, mit dem sich etwas anfangen ließ, das nicht als zu schwierig wahrgenommen wurde.

Doch bald begannen sich die Geschichten zu entfalten und im Laufe von sechs Abenden kam ein Strom von Bildern ins Fließen!

Ein schwarzer Spitzenfächer führte eine Malerin zuerst nach Spanien, wo sie sich schonungslos einem Stierkampf auslieferte bis zum blutigen Ende. Danach besann sie sich auf das subtile Spiel mit dem Fächer, der Maskerade, der Verkleidung und schuf den entstandenen Figuren eine Bühne, einen eigenen Kosmos.

Ein Märchenbuch, erst mit darauf liegender Traube dargestellt, wollte natürlich bald aufgeschlagen werden und brachte die Geschichte vom Mädchen mit den Schwefelhölzchen zu Tage, dem sich die Aquarelle liebende Malerin in feinen, innigen Darstellungen zuwenden konnte.

Ein Schal wiederum hatte seine seidene Leichtigkeit auf die Malerin übertragen, denn unter ihren Händen hatten sich plötzlich Flügel ausgebreitet, wundersame Paradiesvögel und Fabeltiere in leuchtendem Gold und Orange hatten sich eingefunden und sie ins Staunen versetzt.

Von einem absichtslosen Spiel mit Farben und Spachtel hatte sich die vierte Teilnehmerin zu ihrem Thema führen lassen. Figuren waren aufgetaucht, flüchtende Figuren, Flüchtlinge, ja, die wollte die Malerin thematisieren! Also begann sie mit einem überfüllten Boot und Menschen, die daneben im Wasser trieben. Sie war dem Weg dieser Menschen gefolgt, zurück durch die Lager, zurück zu den Kriegsschauplätzen, zeigte Trennung und Trauer und stellte sogar klar, dass auch diese Menschen einst eine Heimat hatten.

Großartig. Die Malerinnen durften sich freuen und stolz sein. Sie hatten gezweifelt, gerungen und gesiegt und sich Selbst neu erleben können.  Nun sind sie alle ordentlich aufgereiht, die entstandenen Arbeiten des Workshops um „Liebe Dinge.“ Ich habe mich bemüht, eine gute Ordnung für die Werke zu finden, jedem den gebührenden Platz zu geben. Vernissage würde morgen sein.

Ich bin allein, es ist still im Atelier. Dämmerung breitet sich aus, sanft und unaufhaltsam schwindet das Licht. Die Bilder schauen mich an, vertraut und fremd zugleich. Licht und Dunkel, Menschen und Tierwesen, Märchen und Wirklichkeit, Leichtigkeit, Glück und Verderben, alles nahe beisammen. Was für wunderbare Arbeitsprozesse hatten sich da entwickeln können, welch rätselhafte Fantasiewelten hatten sich aufgetan aus einigen wenigen Dingen! Ich bin tief bewegt und voller Dankbarkeit.

„Schläft ein Lied an allen Dingen die da träumen fort und fort, und die Welt fängt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“ Joseph von Eichendorff